„FaulÂheit kann ein harÂter Job sein!“
Bei der VerÂabÂschieÂdung von 132 AbsolÂvenÂtinÂnen und AbsolÂvenÂten der FachÂschuÂle fĂĽr TechÂnik der FerÂdiÂnand-Braun-SchuÂle am 25. Juni drehÂte sich vieÂles um das TheÂma Zeit – ausÂgeÂleuchÂtet im KonÂtext „Zukunft der Arbeit“ und des GeldÂverÂdieÂnens im ZeitÂalÂter von IndusÂtrie 4.0 und des „InterÂnets der Dinge“.
Die ForÂmel „Zeit ist Geld“ sei ja eine BinÂsenÂweisÂheit – im vorÂlieÂgenÂden Fall habe man vorÂranÂgig Zeit in WisÂsen invesÂtiert, um anschlieÂĂźend Geld zu „ernÂten“, vorÂausÂgeÂsetzt, man verÂsteÂhe dem erworÂbeÂnen WisÂsen ein regelÂmäÂĂźiÂges Update zu verÂpasÂsen und es geschickt in KönÂnen zu ĂĽberÂtraÂgen. Als ĂĽberÂzeuÂgenÂdes BeiÂspiel fĂĽr eine reiÂche GelÂdernÂte durch erfolgÂreiÂche Ideen fĂĽhrÂte UlriÂke VogÂler die BioÂgraÂfie des ameÂriÂkaÂniÂschen FeuÂerÂlösch-PioÂniers Paul Neal „Red“ Adair (1915–2004) an, der Ă–l- und GasÂbränÂde mit HilÂfe von DynaÂmit zu bekämpÂfen verÂstand. Auch ohne rote HaaÂre und rote KleiÂdung, die Adairs MarÂkenÂzeiÂchen waren, könÂne man es weit brinÂgen – man mĂĽsÂse nur ein paar Tipps beherÂziÂgen: Zum BeiÂspiel gelÂte es, eine bisÂher nicht besetzÂte Nische im eigeÂnen Metier zu finÂden, tägÂlich eine halÂbe StunÂde zu lesen, im Auto lehrÂreiÂchen HörÂbĂĽÂchern zu lauÂschen anstelÂle dem seichÂten RadioÂgeÂplänÂkel und sich auĂźerÂdem jährÂlich ein bis zwei FortÂbilÂdunÂgen zu gönÂnen – so schafÂfe es man stuÂfenÂweiÂse zum ExperÂten, zur KapaÂziÂtät und schlieĂźÂlich zur Koryphäe.
Der GastÂreÂfeÂrent Frank Pöschel, als langÂjähÂriÂger VorÂsitÂzenÂder des REFA-VerÂbanÂdes und anerÂkannÂter ExperÂte fĂĽr Arbeits- und ZeitÂwirtÂschaft zweiÂfelsÂfrei eine KoryÂphäe, widÂmeÂte sich ebenÂfalls ausÂfĂĽhrÂlich dem PhäÂnoÂmen „Zeit“, fĂĽr welÂches der Mensch kein SinÂnesÂorÂgan besitÂze. DemÂzuÂfolÂge könÂne sich die gleiÂche PorÂtiÂon Zeit einÂmal wie 2 MinuÂten, ein andeÂres Mal wie 2 StunÂden anfĂĽhÂlen, je nachÂdem, ob man sie mit einem geliebÂten MenÂschen teiÂle oder auf einem heiÂĂźen Ofen sitÂze, wie Albert EinÂstein seiÂne AllÂgeÂmeiÂne RelaÂtiÂviÂtätsÂtheoÂrie popuÂlär zu illusÂtrieÂren versuchte.
VerÂganÂgenÂheit, GegenÂwart und Zukunft des MenÂschen in der Arbeits- und ZeitÂwirtÂschaft wurÂde von Pöschel unter die Lupe genomÂmen – vom FaustÂkeil ĂĽber die DampfÂmaÂschiÂne bis zum „InterÂnet der DinÂge“, von dem manÂche befĂĽrchÂten, es werÂde eines Tages den MenÂschen zur zweitÂinÂtelÂliÂgenÂtesÂten SpeÂziÂes unseÂres PlaÂneÂten degraÂdieÂren. Den gemeinÂhin als „4. RevoÂluÂtiÂon“ der ArbeitsÂwelt bezeichÂneÂten WanÂdel verÂsuÂche man erstÂmals umfasÂsend zu anaÂlyÂsieÂren und vorÂausÂzuÂsaÂgen: Wird die vorÂhanÂdeÂne Arbeit masÂsiv an Umfang und QuaÂliÂtät verÂlieÂren? HierÂzu zog Pöschel eine ParÂalÂleÂle zum GrundÂsatz der EnerÂgieÂerÂhalÂtung: EnerÂgie gehe nicht „verÂloÂren“, sonÂdern wanÂdeÂle ledigÂlich ihren Zustand, genauÂso wie Geld nicht „verÂloÂren gehe“, sonÂdern meist nur den BesitÂzer wechsÂle. Der Ă–koÂnom MichaÂel Hicks, Ball StaÂte UniÂverÂsiÂty in IndiaÂna, ermitÂtelÂte, dass drei VierÂtel im Inland nicht mehr vorÂhanÂdeÂner Arbeit AutoÂmaÂtiÂsieÂrung, RoboÂtern und effiÂziÂenÂteÂrer ProÂdukÂtiÂon geschulÂdet sei und ein VierÂtel den FolÂgen der „GloÂbaÂliÂsieÂrung“ – die Arbeit zieÂhe niedÂriÂgeÂren LöhÂnen hinÂterÂher, ĂĽber OstÂeuÂroÂpa und ChiÂna bis nach Vietnam.
Doch ist damit immer ein VerÂlust verÂbunÂden? Nicht, wenn es sich um gefährÂdenÂde, belasÂtenÂde, sinnÂentÂfremÂdeÂte oder inefÂfiÂziÂenÂte Arbeit handÂle. Pöschel stimmÂte hier ein Lob der FaulÂheit an – nicht jedoch der „negaÂtiÂven FaulÂheit“, die dazu verÂleiÂte, sich einen „DumÂmen zu suchen“, der einem die Arbeit erleÂdigt, sonÂdern einer „gesunÂden und kreaÂtiÂven FaulÂheit“, die mit dem Ziel der EffiÂziÂenzÂsteiÂgeÂrung den ZeitÂaufÂwand zu miniÂmieÂren sucht. ĂśberÂflĂĽsÂsiÂges und NebenÂsächÂliÂches sei zu verÂmeiÂden, HauptÂsächÂliÂches hinÂgeÂgen zu optiÂmieÂren. Damit werÂde die VerÂmeiÂdung unnöÂtiÂger Arbeit dann doch noch zu einem „harÂten Job“.
Auch OrgaÂniÂsaÂtioÂnen wie REFA, die sich mit ArbeitsÂgeÂstalÂtung, BetriebsÂorÂgaÂniÂsaÂtioÂnen und UnterÂnehÂmensÂentÂwickÂlung beschäfÂtiÂgen, setÂzen zur ErmittÂlung und ProÂgnoÂse exakÂter ZeitÂbeÂdarÂfe anstelÂle der klasÂsiÂschen StoppÂuhr inzwiÂschen auf digiÂtaÂle Daten: Von der KunÂdenÂbeÂstelÂlung ĂĽber BeschafÂfung, ProÂdukÂtiÂon und AusÂlieÂfeÂrung bilÂde die QuaÂliÂtät der ZeitÂdaÂten den entÂscheiÂdenÂden FakÂtor fĂĽr eine funkÂtioÂnieÂrenÂde KetÂte. ModerÂne ArbeitsÂvorÂbeÂreiÂtung und ZeitÂwirtÂschaft seiÂen auf eine als „ProÂzess-BiblioÂthek“ angeÂlegÂte DatenÂbank angeÂwieÂsen, mit deren HilÂfe man ArbeitsÂproÂzesÂse simuÂlieÂren und als ComÂpuÂterÂmoÂdell zusamÂmenÂstelÂlen könÂne. AvaÂtare in ProÂdukÂtiÂonsÂmoÂdelÂlen hanÂdeln dann dank valiÂder PraÂxisÂdaÂten im „EdiÂtor menschÂliÂche Arbeit (EMA)“ wie MenÂschen. SelbstÂreÂguÂlieÂrenÂde ProÂzesÂse im „InterÂnet der DinÂge“ reagieÂren auf exterÂne StöÂrunÂgen, indem sie eine perÂmaÂnenÂte Soll-Ist-AbstimÂmung prakÂtiÂzieÂren. Die AufÂnahÂme, BereitÂstelÂlung und PfleÂge dieÂser Daten sei damit eine zenÂtraÂle AufÂgaÂbe der ZeitÂwirtÂschaft. Pöschel schloss mit der AufÂforÂdeÂrung, die eigeÂne FaulÂheit zu pfleÂgen und Mut zu zeiÂgen, auch den Mut, FehÂler zu begeÂhen; allerÂdings sollÂte man deren WieÂderÂhoÂlung besÂser vermeiden.
StuÂdiÂenÂdiÂrekÂtor Hubert Schmitt, LeiÂter der FachÂschuÂle fĂĽr TechÂnik, sponn den Faden „Zeit“ fort mit der FestÂstelÂlung, man könÂne dieÂse zwar als phyÂsiÂkaÂliÂsche GröÂĂźe präÂziÂse mesÂsen, jedoch weder beeinÂflusÂsen, anhalÂten noch kauÂfen. Jedoch lieÂĂźen sich dank innoÂvaÂtiÂver ProÂzesÂse zeitÂliÂche AbläuÂfe sowohl dehÂnen als auch beschleuÂniÂgen und damit die verÂfĂĽgÂbaÂre Zeit effekÂtiÂver nutÂzen; mehr FreiÂzeit, höheÂre LebensÂerÂwarÂtung und verÂbesÂserÂte ProÂduktÂquaÂliÂtät seiÂen das ResulÂtat. DigiÂtaÂle TransÂforÂmaÂtiÂon maniÂfesÂtieÂre sich durch IndusÂtrie 4.0 vorÂranÂgig in der WirtÂschaft, wirÂke aber auch weit in die indiÂviÂduÂelÂle und instiÂtuÂtioÂnelÂle LebensÂwelt hinÂein. CyberÂphyÂsiÂkaÂliÂsche SysÂteÂme ermögÂlichÂten dank komÂmuÂniÂzieÂrenÂder EigenÂinÂtelÂliÂgenz kĂĽnfÂtig nicht nur den Betrieb einer Smart FacÂtoÂry, sonÂdern auch selbstÂfahÂrenÂde Autos und drohÂnenÂbaÂsierÂte LogisÂtik. ChanÂcen und RisiÂken von AutoÂmaÂtiÂsieÂrung, kĂĽnstÂliÂcher IntelÂliÂgenz, 3D-Druck, NanoÂtechÂnik und MikroÂmeÂchaÂtroÂnik dĂĽrÂfe man nicht hinÂnehÂmen wie das WetÂter, sonÂdern sie verÂlangÂten nach einem gesellÂschaftÂliÂchen KonÂsens darÂĂĽber, wie man kĂĽnfÂtig leben wolÂle. AbsolÂvenÂten einer FachÂschuÂle fĂĽr TechÂnik seiÂen das ideaÂle BinÂdeÂglied zwiÂschen PlaÂnung und FerÂtiÂgung, verÂfĂĽgÂten ĂĽber soliÂde KenntÂnisÂse in Hard- und SoftÂware und seiÂen damit in der Lage, sich kĂĽnfÂtiÂger techÂniÂscher ProÂblemÂstelÂlunÂgen erfolgÂreich anzuÂnehÂmen. BewieÂsen habe man dies mit 72 interÂesÂsanÂten ProÂjektÂerÂgebÂnisÂsen, die an 6 Tagen von 132 StuÂdieÂrenÂden präÂsenÂtiert wurÂden. AbschlĂĽsÂse wurÂden erworÂben in den DisÂziÂpliÂnen TechÂniÂsche BetriebsÂwirtÂschaft (31), MaschiÂnenÂtechÂnik (43), ElekÂtroÂtechÂnik (31), KarosÂseÂrie- und FahrÂzeugÂtechÂnik (16), Farb- und LackÂtechÂnik als DopÂpelÂquaÂliÂfiÂkaÂtiÂon TechÂniÂker und MeisÂter (9). FĂĽr knapp zwei DritÂtel der AbsolÂvenÂten mĂĽnÂdeÂte die AufÂstiegsÂquaÂliÂfiÂzieÂrung bereits in einem berufÂliÂchen Aufstieg.
Es folgÂte die AusÂzeichÂnung der JahrÂgangsÂbesÂten; folÂgenÂde AbsolÂvenÂtinÂnen und AbsolÂvenÂten wurÂden fĂĽr ihren besÂten NotenÂdurchÂschnitt geehrt: Aileen FĂĽssl (KarosÂseÂrie- und FahrÂzeugÂtechÂnik), Lukas Heger (MaschiÂnenÂtechÂnik VZ), KiliÂan BirÂkenÂbach (ElekÂtroÂtechÂnik VZ), NadÂja FetÂzer (Farb- und LackÂtechÂnik), MaxiÂmiÂliÂan Heil und MichaÂel KleinÂhenz (MaschiÂnenÂtechÂnik TZ), DomiÂnik BaumÂbach, Niklas Hack, PasÂcal HößelÂbarth, DaniÂel LeinÂweÂber und DenÂnis RĂĽb (ElekÂtroÂtechÂnik TZ).
NachÂdem der AbsolÂvent der MaschiÂnenÂtechÂnik DaniÂel PenÂner die verÂganÂgeÂnen JahÂre aus Sicht der StuÂdieÂrenÂden augenÂzwinÂkernd resĂĽÂmiert hatÂte, konnÂten die ZeugÂnisÂse aus den HänÂden der KlasÂsenÂlehÂrer ThorsÂten FarÂnung (KarosÂseÂrie- und FahrÂzeugÂtechÂnik), Klaus-Peter Schaitza (MaschiÂnenÂtechÂnik VZ), Jörg Abel (ElekÂtroÂtechÂnik VZ und TZ), GreÂgor BotÂzet (Farb- und LackÂtechÂnik) und TobiÂas Heitz (MaschiÂnenÂtechÂnik TZ) in EmpÂfang genomÂmen werÂden. FĂĽr eine abwechsÂlungsÂreiÂche musiÂkaÂliÂsche UmrahÂmung sorgÂte einÂmal mehr die LehÂrerÂband der FerÂdiÂnand-Braun-SchuÂle mit MarÂtin Schultz-Lintl, MarÂkus Schmitt, MarÂkus WanÂko und AlexÂanÂder Kleiss.